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Wohin? (zum Hören der Aufnahme auf die Wegweiser klicken)

Auswege in die Musik von Schubert und Kurtág

Ein komponiertes Kammermusikprogramm von Christoph Grund
nach einer Idee von Reinhard Oechsler

im Rahmen des Festivals zum 70. Geburtstag des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg.

Wie könnte György Kurtág ein Schubert-Lied weiterführen, und wie würde umgekehrt Franz Schubert ein Kammermusikwerk von Kurtág fortsetzen?
Diese Fragen bildeten die thematische Grundlage für Christoph Grunds kammermusikalische Übersetzungen der Schubertlieder und für die Zusammenstellung der Werke dieses Konzertprogramms.

Das Element Wasser, in Schuberts Liedern ein immer wiederkehrendes Motiv, lieferte eine Leitlinie, um aus der überwältigenden Fülle von 600 Liedern eine Auswahl zu treffen - das in Ewigkeit rauschende, das fließende, weitertreibende, das stürmisch brausende, das unter der Eisdecke reißend schwellende Wasser und die endlose Weite des stillstehenden Meeres. Ewigkeit, Entrückung, Rausch, Trance - und plötzlich stellt sich die Frage: Wohin?

Für den Philosoph Giorgio Agamben ist der Ausweg eine Alternative zum Kampf gegen ein offensichtlich nicht abzuwendendes Unheil. Er plädiert für eine „archäologische“ Untersuchung und Befragung des schon Dagewesenen. Diese soll zu einem neuen, lebendigen Gebrauch des „Ausgedienten“ führen. Statt die Vergangenheit zu besitzen (in Form von Kunstschätzen, die im Museum ausgestellt werden), soll aus ihr in immer neuen Formen des Gebrauchs neues Leben gewonnen werden.

WOHIN? Schubert fragt sich das, auch Kurtág scheint eine Frage im Sinn zu haben, wenn er sich in seiner „Ligatura“ auf Charles Ives bezieht und als Untertitel: „the answered unanswered question“ wählt. Hier geht es um Nähe und Ferne, ein Thema, das in Christoph Grunds Schubert-Übertragungen durch deren Verräumlichung weiter vertieft wird. Die Gesangsstimme ist abwesend und anwesend zugleich, weht in umherirrenden Resonanzen durch den Raum, summt versonnen abwesend und erscheint als Geisterstimme im Flügelinneren, um schließlich doch noch ganz nah zu sein.

Auswege in die Musik finden sich bei Schubert und bei Kurtág, und Christoph Grund versucht, auf ihren Spuren eigene Auswege zu finden. Sowohl die Klarheit von sprachlich strukturiertem Denken als auch das Reißende und Rauschende des Wassers oder auch das Entschwinden aus der wechselnden Zeit sind in Musik möglich, und diese Auswege öffnen einen Raum für das Überleben der Menschlichkeit, der durch keine Gewalt zerstört werden kann.

(zum Hören der Aufnahme bitte auf das Foto klicken)

Das Programm

01 Kurtag: Little Fix: I Fanfare in Mussorkskis Manier II Hymne in Stravinskys Manier
02 Schubert: Aufenthalt (Schwanengesang)

03 Kurtag: Jatekok-Auswahl bearbeitet von Andrew Digby
04 Schubert: Liebesbotschaft (Schwanengesang)

05 Kurtag: Jatekok-Auswahl bearbeitet von Andrew Digby 
06 Schubert: Auf der Donau

07 Kurtag: Little Fix: IV Nachtstück
08 Schubert Auf dem Wasser zu singen

09 Kurtag: String Quartett op.1 6. Satz Adagio
10 Schubert: Meeresstille
 
11 Kurtag: Bagatellen: Zorniger Choral, Zank und Sanftmut, Blumen die Menschen, nur Blumen,
La fille aux cheveux de lin - enragée

12 Schubert: Auf dem Flusse (Winterreise)
13 Kurtag: Ligatura op 31b (The answered unanswered question)
14 Schubert: Der Wanderer
15 Kurtag: Officium Breve in memoriam Andreae Szervánsky (Sätze II-IX)
16 Schubert: Wohin (schöne Müllerin)  
17 Kurtag: Hommage an Schubert
18 Schubert: des Baches Wiegenlied (schöne Müllerin)

Bearbeitungen der Schubert-Lieder: Christoph Grund

Es musizieren:

Phillip Roy, Violine
Felix Borel, Violine und E-Violine
Ayano Kamei, Viola
Dita Lammerse und Markus Tillier, Violoncello
Sebastian Breidenstein, Kontrabass
Anne Romeis, Flöte und Piccolo
Julian Ghani, Trompete
Mayumi Shimizu, Posaune
Jochen Schorer, Schlagzeug
Hubert Steiner, Gitarre und E-Gitarre
Christoph Ruetz, Klangregie
Birthe Bendixen, Gesang

Christoph Grund, Klavier/Keyboard und künstlerische Leitung